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Weltpremiere in der Messtechnik: In der Destillerie Macardo werden die Fässer neuerdings digital kontrolliert

In der Destillerie Macardo in Kreuz bei Bissegg wird jedes einzelne Fass genau überwacht. Möglich macht es eine Erfindung von zwei ZHAW-Studenten aus Winterthur. Am Mittwoch wurde die Anlage eingeweiht.

Acht Monate nach der Eröffnung des neuen Firmensitzes in Kreuz bei Bissegg präsentiert die Destillerie Macardo bereits eine weitere Innovation. Sie soll helfen, die ambitiösen Pläne der Inhaberfamilie Bössow zu verwirklichen. «Macardo will aus dem Thurgau an die Weltspitze», sagt Andy Bössow ganz unbescheiden bei der Präsentation des «Fasslager 4.0» am Mittwochnachmittag. Das moderne Fasslager steht im Zentrum des Anlasses, an dem auch Ständerat Jakob Stark, ZHAW-Direktor Dirk Wilhelm oder Daniel Wessner, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit Thurgau, teilnehmen. Die Stars des Nachmittags sind aber zwei junge Elektrotechnik-Studenten, Lars Müggler aus St.Gallen und Ivan Krajinovic aus Schaffhausen. Die beiden haben im Rahmen ihrer Bachelorarbeit – begleitet von ihrem Dozenten und frisch gebackenen Professor Teddy Loeliger – in Elektrotechnik die technische Lösung für das «Fasslager 4.0» entwickelt.

«Wir haben uns für dieses Projekt als Bachelorarbeit entschieden, da es sich um eine greifbare Aufgabe gehandelt hat, wo zum Schluss auch ein Produkt steht», sagt Ivan Krajinovic.

«Viele der anderen möglichen Projekte waren reine Forschungsarbeiten, die zum Schluss nicht direkt eingesetzt werden können. Eine konkrete Anwendung war uns aber wichtig.»

Dass sie mit ihrer Bachelorarbeit im Bereich Whisky, Gin und Edelbrände arbeiten, habe sich schnell herumgesprochen unter den Elektrotechnik-Studenten an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur (ZHAW). «Ihr seid doch die mit dem Fasslager», hätten sie oft gehört, sagt Lars Müggler und grinst.

Mit Winterjacke und Handschuhen im Fasslager

Zwar hätten sie sich im vergangenen Halbjahr schon auch mal einen Whisky gegönnt, aber das sei nicht der Antrieb für die Bewerbung um diese Bachelorarbeit gewesen. «Die Entwicklung der Apparate und Softwarelösungen hat uns sehr interessiert, aber auch viel abverlangt. Dazu gehörten auch ganze Tage, die wir mit Winterjacke und Handschuhen hier in der Kälte des Fasslagers verbracht haben», sagt Lars Müggler. Die grössten Herausforderungen seien die Messgenauigkeit, die Datenübertragung und die Lebensdauer der Batterien gewesen.

Über Prototypen, diverse Anpassungen und Optimierungen seien sie zum Endresultat gelangt. Das System besteht nun aus kleinen, batteriegespeisten Messcomputern bei jedem Fass, die ihre Daten an eine Empfangsstation senden, wo diese gespeichert und auf einer Website dargestellt werden. Zehn solcher Module sind im Macardo-Fasslager bereits installiert, bis Ende Jahr sollen es 250 sein und auf längere Frist soll dann jeder der maximal 450 Fassträger damit bestückt werden.

Koordinatoren für das Projekt sind die Ingenieure Rudolf Bossert und Bruno Schläpfer. Sie haben zwischen der Destillerie und der ZHAW vermittelt und das Projekt begleitet. Mit seiner Firma Conmetec GmbH besitzt Bruno Schläpfer nun auch das Patent an der neuen Messtechnik und will diese exportieren, wie er sagt:

«Alleine in den USA werden jährlich 1,9 Millionen Whisky-Fässer hergestellt – es gibt also ein riesiges Potenzial für diese Technologie.»

Ohne den Auftrag der Destillerie Macardo wäre die Technologie marktreif geworden, sagt Schläpfer. «Es braucht grosse Firmen, sonst ist es schwierig, so etwas zu entwickeln.»

Lob vom Direktor und vom Ständerat

Am Anlass vom Mittwochnachmittag lobt nicht nur Dozent Teddy Loeliger die Arbeit seiner zwei Studenten. «Wir sind stolz auf diese Bachelorarbeit und das Resultat», sagt er. In seiner Laudatio sagt ZHAW-Direktor Dirk Wilhelm, es sei eine der besten Bachelorarbeiten in diesem Jahr gewesen. «Sie hat sehr viele verschiedene Punkte aufgenommen und ist zur Erfolgsstory geworden. Bewertet wurde sie deshalb auch mit der Note 6.»

Macardo-Inhaber Andy Bössow dankt allen Beteiligten und überreicht den beiden Ingenieuren und beiden Studenten Whisky-Flaschen. Daniel Wessner, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit Thurgau, sagt: «Was einfach tönt, ist oft mehr als eine Schnapsidee.» Und Ständerat Jakob Stark schliesst den Reigen der Laudatoren mit den Worten: «Mir ist nicht bange um den Forschungsplatz Schweiz. Es braucht Junge, die forschen wollen, und Industrielle, die erforschen lassen. Dann kommt es schon gut.»

Fasslager 4.0

Digitale Kontrolle über jedes einzelne Fass

Im Fasslager der Destillerie Macardo liegt jedes einzelne Fass auf einer Waage. Nebst dem Gewicht ermitteln Sensoren auch die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit unter dem Fass. All diese Daten werden in regelmässigen Intervallen per Bluetooth an einen Computer geschickt und in einer Datenbank gespeichert. Dadurch können die Mitarbeiter der Destillerie die Entwicklung ihrer Fässer genau überwachen. «Es geht darum, festzustellen, wo sich die Fässer im Lager wie entwickeln», erklärt Andy Bössow. «Nebst der Charakteristika des Fasses beeinflussen das Mikroklima, die Temperatur sowie die Luftfeuchtigkeit die Reifung enorm.» Dank der neuen Messtechnik sei es nun möglich, festzustellen, wie sich die Destillate in den unterschiedlichen Bereichen des Fasslagers entwickelten. Durch entsprechendes Austauschen der Lagerpositionen der Fässer kann so erreicht werden, dass die Destillate-Qualitäten desselben Jahrgangs weniger stark variieren als bei einer herkömmlichen Fasslagerung. Jedes Fass verliert im Laufe durch Oxidation und Verdunstung auch etwa zwei Prozent des Destillats, den sogenannten «Angel’s Share», auf Deutsch «Schluck der Engel». Zudem bleibt ein Teil des Alkohols in den Fasswänden zurück, der sogenannte «Devil’s Cut». Dank der exakten Gewichtsmessungen kann dieser nun auch Protokolliert werden, was der Destillerie auch mit der entsprechender Reduktion der Alkoholsteuern zugutekommt.

Autor: Mario Testa

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Fasslager 4.0
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Macardo Fasslager 4.0
Macardo Fasslager 4.0